Wenn man an Österreich denkt, haben viele zuerst die Alpen, Kaiserstädte wie Wien oder berühmte Seen wie den Wolfgangsee im Kopf. Dabei gibt es da noch ein Bundesland, das oft unterschätzt wird, aber mit ganz eigener Identität, einzigartiger Natur, reicher Geschichte und exzellenter Kulinarik begeistert: das Burgenland. Eingebettet zwischen Ungarn, Niederösterreich und der Steiermark liegt dieses flächenmäßig kleinste, aber landschaftlich weitläufige Bundesland – ein echter Geheimtipp für alle, die Ruhe, Weite und das gewisse Etwas suchen.
Ein Land mit Horizont
Das Burgenland ist flach – zumindest im Vergleich zu den alpinen Bundesländern. Und genau das macht seinen Reiz aus. Die weiten Ebenen, die sanften Hügel, das Spiel von Licht und Schatten am Himmel – all das erzeugt eine Atmosphäre, die fast schon meditativ wirkt. Der Blick schweift weit, der Himmel ist groß, und die Sonne scheint häufiger als sonst irgendwo in Österreich: über 300 Sonnentage im Jahr machen das Burgenland zum sonnenreichsten Bundesland der Republik.
Wer durch das Land fährt, entdeckt Felder, Weingärten, kleine Dörfer mit gepflegten Innenhöfen, Streckhöfen und alten Kellerstöckeln. Kein Ort ist wirklich weit entfernt, und doch fühlt sich alles weit weg an vom Trubel der Großstadt.
Der Neusiedler See – Steppensee mit Weltkulturerbe-Flair
Das bekannteste Naturwunder des Burgenlands ist der Neusiedler See. Er ist einer der wenigen Steppenseen Europas und zugleich der größte See Österreichs. Im Sommer zieht er Badegäste, Surfer, Segler und Familien an. In Orten wie Podersdorf, Rust oder Neusiedl am See pulsiert dann das Leben.
Gleichzeitig ist der Neusiedler See ein Paradies für Naturfreunde: Der Nationalpark Neusiedler See–Seewinkel ist ein Mosaik aus Salzlacken, Schilfgürteln und Wiesen, in denen über 300 Vogelarten leben. Flamingos, Säbelschnäbler und Gänsegeier – wer hier mit dem Fernglas unterwegs ist, erlebt faszinierende Momente.
Rust ist übrigens nicht nur für seinen Wein, sondern auch für seine Storchenkolonien bekannt: Auf nahezu jedem Schornstein nisten die eleganten Vögel – ein bezauberndes Bild.
Wein & Kulinarik – Genuss mit Charakter
Das Burgenland ist eine Hochburg des österreichischen Weins. Vor allem Rotwein gedeiht hier prächtig – Blaufränkisch, Zweigelt und St. Laurent zählen zu den Spitzenreitern. Regionen wie das Mittelburgenland, das Leithagebirge oder der Eisenberg sind unter Weinkennern längst kein Geheimtipp mehr.
Rund um den Wein hat sich eine lebendige Genusskultur entwickelt. Buschenschenken und Weingüter laden zur Verkostung, in modernen Vinotheken kann man sich durch die Vielfalt kosten, und zahlreiche Weinfeste bieten Gelegenheit zum Feiern.
Zur burgenländischen Küche gehören bodenständige, oft pannonisch beeinflusste Gerichte: Grammelpogatscherl, Hendl mit Paprika, Fisch aus dem See, aber auch Süßspeisen wie Dachbodenkipferl, Nussstrudel oder Marillenkuchen. Viele Restaurants setzen auf regionale Zutaten und traditionelle Rezepte, oft modern interpretiert.
Thermen, Wellness und Entspannung
Wem der Sinn nach Erholung steht, ist im Burgenland genau richtig. Die Therme Stegersbach, die Sonnentherme Lutzmannsburg oder die AVITA Therme in Bad Tatzmannsdorf bieten Entspannung für Körper und Seele. Besonders Familien kommen hier auf ihre Kosten – etwa mit der Baby- und Kindersauna in Lutzmannsburg oder großzügigen Außenbecken in Stegersbach.
Viele der Hotels im Burgenland sind auf Wellnessurlaub spezialisiert. Auch kleine, feine Boutiquehotels und Weingutunterkünfte bieten oft Spa-Bereiche, Saunen oder Naturpools – perfekt zum Abschalten.
Radfahren mit Genuss
Das Burgenland ist wie gemacht fürs Radfahren. Flache Strecken, gut ausgebaute Radwege und wunderschöne Landschaften machen das Radeln zum Vergnügen. Besonders bekannt ist der Neusiedler See-Radweg, der rund um den See führt – auf österreichischer und ungarischer Seite. Hier radelt man durch Weingärten, am Schilf entlang und durch kleine Orte mit Heurigen und Gasthöfen.
Auch im Südburgenland gibt es reizvolle Routen, etwa durch das Pinkatal oder entlang der Lafnitz. Zahlreiche E-Bike-Verleihstationen machen das Radfahren auch für weniger Trainierte attraktiv.
Burgen, Schlösser & Geschichte
Der Name „Burgenland“ kommt nicht von ungefähr – auch wenn viele der einstigen Burgen heute verschwunden sind oder in Schlössern aufgegangen sind. Einige aber sind hervorragend erhalten oder liebevoll restauriert worden:
- Burg Forchtenstein thront spektakulär über dem Rosaliengebirge. Sie gehört zur Familie Esterházy und zeigt eindrucksvolle Waffensammlungen, Schatzkammern und Ausstellungen.
- Schloss Esterházy in Eisenstadt war einst Zentrum höfischer Kultur. Hier wirkte auch Joseph Haydn als Kapellmeister – heute kann man im Haydnsaal noch Konzerte erleben.
- Schloss Halbturn bezaubert mit barocker Eleganz und ist von einem schönen Park umgeben.
- Burg Lockenhaus im mittleren Burgenland lädt zu Mittelalter-Erlebnissen ein – von Ritteressen bis zur Greifvogelschau.
Auch kleine Museen, Gedenkstätten und Kulturzentren erzählen von der wechselvollen Geschichte der Region – etwa vom ungarischen Erbe, vom Nationalsozialismus, vom Eisernen Vorhang oder der jüdischen Vergangenheit.
Naturjuwelen im Südburgenland
Während der Neusiedler See den Norden prägt, punktet der Süden des Burgenlands mit stillen Wäldern, sanften Hügeln, Obstgärten und Weingärten. Das Klima ist mild, die Menschen herzlich, und vieles geht hier ein bisschen langsamer.
Zahlreiche Naturparks, etwa der Naturpark Geschriebenstein–Írottkő oder der Naturpark Raab, laden zum Wandern, Radfahren oder einfach zum Seele-baumeln-Lassen ein. Kleine Flüsse wie die Raab oder die Lafnitz mäandern durch die Landschaft, und immer wieder trifft man auf alte Streckhöfe, Winzerbetriebe oder gemütliche Landgasthäuser.
Ein besonderes Highlight ist der Weinidylle-Radweg, der sich durch kleine Dörfer, Weingärten und Kellergassen schlängelt – ideal für Genießer und Entdecker.
Kultur & Festivals
Auch kulturell hat das Burgenland einiges zu bieten. Die bekannteste Veranstaltung ist sicher die Seefestspiele Mörbisch, die direkt am Neusiedler See stattfinden – mit aufwendigen Operetten- und Musicalproduktionen auf einer spektakulären Seebühne. Ebenso beeindruckend: die Oper im Steinbruch St. Margarethen, die mit monumentalen Kulissen in einem ehemaligen Römersteinbruch begeistert.
Jazzliebhaber finden in Wiesen ihr Eldorado, Literaturfans pilgern zu Lesungen und Festivals etwa in Eisenstadt oder Oberwart. Viele kleinere Orte haben ihr eigenes Kulturprogramm – von Kammermusik über Theater bis zu traditionellen Kirchtagen.
Geheimtipps & stille Orte
Wer abseits der bekannten Pfade unterwegs ist, wird im Burgenland belohnt:
– Der Csaterberg bei Kohfidisch ist ein Mini-Weinparadies mit urigen Kellerstöckeln.
– St. Martin an der Raab bietet traumhafte Ausblicke über das Dreiländereck Österreich–Ungarn–Slowenien.
– Die Wallfahrtskirche Loretto verzaubert mit ihrer barocken Schönheit.
– Die Weinkeller in Heiligenbrunn mit ihren strohgedeckten Dächern sind ein einzigartiges Ensemble.
– Und im Geschriebenstein-Gebiet kann man vom höchsten Punkt des Burgenlands (884 m) bis nach Ungarn blicken.
Fazit – Warum das Burgenland begeistert
Das Burgenland ist ein Ort zum Durchatmen. Hier findet man keine überfüllten Touristen-Hotspots, sondern stille Seen, sanfte Landschaften, herzliche Gastgeber und ehrlichen Genuss. Es ist ein Land mit Geschichte, aber ohne Patina – lebendig, einladend und überraschend vielfältig.
Ob du mit dem Fahrrad durch die Weingärten rollst, in einer Therme entspannst, auf Vogelbeobachtung im Seewinkel gehst oder bei Sonnenuntergang ein Glas Blaufränkisch genießt – das Burgenland schenkt dir Zeit. Und Raum. Und Sonne.
Kurz gesagt: Wer Österreichs Osten noch nicht kennt, hat etwas verpasst.