Die Karlskirche in Wien: Barockes Meisterwerk und pulsierendes Stadtleben

24. April 2025

Karlskirche in Wien

© Rudy Balasko/Shutterstock.com

Wien ist eine Stadt der Prachtbauten, der Geschichte und der kulturellen Vielschichtigkeit. Doch nur wenige Bauwerke vereinen all das auf so eindrucksvolle Weise wie die Karlskirche am Karlsplatz. Sie ist nicht nur eines der bedeutendsten barocken Gotteshäuser Österreichs, sondern auch Teil einer lebendigen urbanen Szene. In diesem Beitrag nehmen wir dich mit auf eine Reise durch die Vergangenheit, Architektur und Gegenwart der Karlskirche – ein Ort, an dem Geschichte und städtisches Leben aufeinandertreffen.

Der Ursprung: Eine Kirche aus der Not geboren

Die Karlskirche wurde nach der Pestepidemie von 1713 errichtet. Wien war schwer getroffen – Tausende Menschen starben. Als die Seuche endete, gelobte Kaiser Karl VI. den Bau einer Kirche zu Ehren des Pestheiligen Karl Borromäus, dem Erzbischof von Mailand, der sich im 16. Jahrhundert durch seinen Einsatz für Kranke hervorgetan hatte.

1716 wurde der Grundstein gelegt. Der Bau war Teil der kaiserlichen Selbstdarstellung: Wien als Zentrum des römisch-katholischen Glaubens, des Überlebens, des „heiligen Reichs“. Gleichzeitig sollte die Kirche den Ruhm der Dynastie Habsburg mehren.

Der Architekt: Fischer von Erlach und sein Meisterwerk

Die Planung übernahm der damals wohl bedeutendste Architekt Österreichs: Johann Bernhard Fischer von Erlach. Nach dessen Tod führte sein Sohn Joseph Emanuel das Werk weiter. Die Bauzeit dauerte von 1716 bis 1737.

Fischer von Erlach schuf ein architektonisches Manifest: eine Symbiose aus Antike, Renaissance und Barock. Die Karlskirche wurde damit zur stilistischen Brücke zwischen Ost und West, Vergangenheit und Moderne, Kirche und Macht.

Die Architektur: Symbolik und Superlative

Das erste, was Besucher:innen auffällt, sind die zwei riesigen Säulen zu beiden Seiten des Eingangs. Sie erinnern bewusst an Trajansäule und andere antike Triumphdenkmäler. Ihre Reliefs erzählen das Leben und Wirken des heiligen Karl Borromäus.

Das zentrale Element ist die große Kuppel, mit 72 Metern Höhe ein beeindruckender Blickfang im Wiener Stadtbild. Im Inneren zeigt sich ein faszinierendes Spiel aus Licht, Farben und Bildwelten. Die Kuppelfresken von Johann Michael Rottmayr zeigen die Glorifizierung des Heiligen.

Die Fassade erinnert an antike Tempel mit barocker Dramaturgie: Alles ist Bewegung, Theatralik, Symbolkraft.

Die Karlskirche als Ort der Kunst und Musik

Seit ihrer Errichtung ist die Karlskirche nicht nur Ort des Glaubens, sondern auch der Kunst. Die Kirche war Teil des barocken Gesamtkunstwerks: Architektur, Skulptur, Malerei und Musik bildeten eine Einheit.

Heute finden in der Karlskirche regelmäßig Konzerte statt, darunter:

  • Aufführungen von Mozart, Bach und Vivaldi
  • Advent- und Weihnachtskonzerte
  • Sonderkonzerte mit international bekannten Solist:innen

Das beeindruckende Raumgefühl der Kirche macht jedes musikalische Erlebnis einzigartig.

Die Kuppelauffahrt: Wien aus himmlischer Perspektive

Besucher:innen haben die Möglichkeit, mit einem Panoramalift in die Kuppel der Kirche zu fahren. Von einer Plattform in rund 32 Metern Höhe lassen sich die Fresken aus der Nähe betrachten – ein seltener Einblick in barocke Malerei.

Noch höher hinaus geht es auf die Aussichtsplattform über der Kuppel, von der man einen fantastischen Blick über Wien genießen kann: vom Belvedere über den Stephansdom bis hin zum Wienerwald.

Restaurierung und Erhaltung

Wie viele historische Bauten hat auch die Karlskirche unter Umwelteinflüssen gelitten. Seit den 1980er-Jahren finden regelmäßige Restaurierungsarbeiten statt, insbesondere an den Fresken, der Fassade und dem Dach. Die Kirche wird von der Erzdiözese Wien betreut, die den Spagat zwischen Denkmalpflege, religiöser Nutzung und Tourismus meistert.

Ein Teil der Eintrittsgelder für die Kuppelauffahrt fließt direkt in die Instandhaltung der Kirche.

Eine Kirche im Wandel der Zeit

Die Karlskirche hat alle gesellschaftlichen Umbrüche der letzten 300 Jahre miterlebt:

  • Das Ende der Monarchie
  • Weltkriege
  • Besatzungszeit
  • Demokratisierung
  • Urbanisierung
  • Tourismusboom

Sie ist heute sowohl religiöser Ort als auch ein touristisches Wahrzeichen – ein Spannungsfeld, das sensibel gepflegt wird. Täglich besuchen Hunderte Menschen die Kirche, viele davon aus dem Ausland.

Der Karlsplatz heute: Stadtleben trifft Kultur

Rund um die Karlskirche spielt sich heute ein ganz anderes Leben ab. Der Karlsplatz ist ein Treffpunkt für Jung und Alt, Kunst und Alltag, Tradition und Szene.

Einige Highlights des modernen Karlsplatzes:

  • Der Teich vor der Kirche: Im Sommer Sitz- und Liegewiese, im Winter Kulisse für den Adventmarkt.
  • Kunstplatz Karlsplatz: Mit Musikverein, Wien Museum, Künstlerhaus, brut und der TU Wien ist er ein Hotspot für Kultur.
  • Christkindlmarkt: der Karlsplatz zählt zu den schönsten Weihnachtsmärkten in Wien.
  • Street-Art und Skateboards: Die Unterführung ist ein Eldorado für urbane Jugendkultur.
  • Markets & Festivals: Veganmania, Popfest oder der Craft Bier Markt bringen Vielfalt.

Die Karlskirche im Alltag der Wiener:innen

Für viele Wiener:innen ist die Karlskirche mehr als ein Bauwerk:

  • Ort für stille Momente in der Mittagspause
  • Fotomotiv für Instagram und Hochzeiten
  • Konzerthalle für besondere Abende
  • Kulisse beim Radfahren, Flanieren oder Lesen am Teich

Die Kirche steht im Zentrum eines urbanen Lebensraums, der sich immer wieder neu erfindet.

Zahlen und Fakten

  • Bauzeit: 1716–1737
  • Architekten: Johann Bernhard und Joseph Emanuel Fischer von Erlach
  • Kuppelhöhe: 72 m (innen), ca. 80 m (außen)
  • Länge der Kirche: ca. 55 m
  • Fassadenhöhe: 40 m
  • Materialien: Stein, Stuck, vergoldetes Holz, Kupfer
  • Besucher:innen pro Jahr: rund 200.000

Fazit: Ein barockes Wunder inmitten urbaner Vielfalt

Die Karlskirche ist mehr als ein Bauwerk. Sie ist Symbol, Zeitzeugin, Kulturerbe und Erlebnisraum. Ihre Geschichte erzählt von Pest und Pracht, von Gläubigen und Genies, von Macht und Metamorphose.

Heute steht sie im Herzen einer modernen Stadt, umgeben von Studierenden, Kindern, Tourist:innen, Künstler:innen und Passant:innen. Die Karlskirche ist ein Ort, an dem das Alte sichtbar bleibt und das Neue dazugehört. Ein Ort, der verbindet: Himmel und Erde, Kunst und Alltag, Wien und die Welt.